Die Nordweststadt
04.04.2019

Wechsel im Umweltdezernat

Bettina Lisbach hat am 1. Februar 2019 die Nachfolge von Klaus Stapf im Dezernat 5 der Stadt Karlsruhe angetreten und ist somit für Natur- und Klimaschutz, Gesundheit, Brand- und Katastrophenschutz, Friedhofswesen, Abfallwirtschaft, Forst und Stadtgrün zuständig.
Lisbach wurde 1964 in Karlsruhe geboren und ist in Bad Bergzabern aufgewachsen. Heute wohnt sie mit ihrem Lebenspartner in Rintheim.

Frau Lisbach, beruflich waren Sie in der Landschaftspflege viel unterwegs, als IT-Projektleiterin auch viele Jahre u.a. in Oslo, Rotterdam und Montréal tätig. Von der Kommunalpolitik im Karlsruher Gemeinderat wechselten Sie in den Landtag von Baden-Württemberg. Was reizt Sie jetzt am Amt der Bürgermeisterin in Karlsruhe?

Mir gefällt, dass die kommunale Ebene so nah an den Menschen ist. Hier entscheidet sich, ob wir unsere Grünflächen erhalten und zu attraktiven Aufenthaltsorten entwickeln, ob wir Natur und Klima schützen, die Luft sauber halten und Lärm vermeiden. Auch Gesundheit, das Städtische Klinikum, der Katastrophenschutz, die Feuerwehr und die Friedhöfe gehören zu meinem Dezernat. Mein neues Amt ist also sehr vielseitig, bietet Gestaltungsspielräume und bringt mich mit Menschen zusammen. Das macht es für mich so reizvoll.

Bis zum Abitur waren Sie in der Südpfalz zu Hause, in einer Region mit viel Wald, Wiesen und Weinbergen. Was gab den Ausschlag für Ihr Interesse an Landschaftsplanung und Umweltthemen?

Meine Jugend habe ich im pfälzischen Bad Bergzabern verbracht. Direkt hinter unserem Garten lag damals freies Feld. Im Laufe der 70er und 80er Jahre bekam ich mit, wie sich die Landschaft veränderte: Wiesen, Wildnis und blütenreiche Ackerränder fielen Neubaugebieten und Intensiv-Landwirtschaft zum Opfer. Auch Diskussionen um Waldsterben, Atomkraft und Ressourcenknappheit schärften mein Bewusstsein dafür, dass wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen müssen.

Nach dem Studium der Landespflege in Nürtingen absolvierten Sie in Karlsruhe ein Geoökologie-Studium. Was macht eigentlich ein Geoökologe?

Die Geoökologie ist ein breit gefächertes Studium, das Naturwissenschaften und verschiedene Umweltdisziplinen vereint. Physik, Chemie und Biologie gehören ebenso dazu wie Geologie und Geografie. Im Kern geht es darum, die Wechselwirkungen innerhalb von Ökosystemen zu verstehen und Lösungen für komplexe Umweltprobleme zu entwickeln. GeoökologInnen arbeiten häufig in der Umwelt- und Naturschutzverwaltung oder auch in Planungs- und Ingenieurbüros, die mit Umweltthemen befasst sind.

Das Dezernat 5 beinhaltet ein breites Feld an komplexen Aufgaben. Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte?

Ein aktueller Schwerpunkt ist die Neuauflage des Karlsruher Klimaschutzkonzeptes. Auch die Fortentwicklung der „Grünen Stadt“ mit Aufwertung und Vernetzung von Grünflächen hat für mich hohe Priorität. Beim Amt für Abfallwirtschaft steht eine größere Umorganisation in einen Eigenbetrieb an, und im Städtischen Klinikum müssen wir zügig das neue Bettenhaus fertigstellen, um effizienter arbeiten zu können. Im Bereich der Feuerwehr sind der Neubau der Hauptfeuerwache Ost und die Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans aktuelle Aufgaben.

Die Stadt will/muss mehr Wohnraum schaffen, andererseits soll das Projekt „Grüne Stadt“ erfolgreich umgesetzt werden. Gesunde und gute Lebensbedingungen sind Ihnen wichtig. Wie kann dieser Spagat gelingen?

Stadtgrün und Stadtklima setzen der Verdichtung in unserer Stadt enge Grenzen. Wohnungen müssen flächenschonend gebaut werden und möglichst dort, wo bereits versiegelt ist. Leitbild ist die „doppelte Innenentwicklung“: Wo gebaut wird, müssen auch Grünstrukturen verdichtet werden, z. B. durch Entsiegelung, Baumpflanzungen, Dach- und Fassadenbegrünungen. Mit einer Grünsatzung sollten wir uns Regeln für eine verträgliche Innenentwicklung geben und sicherstellen, dass unsere Quartiere grün und attraktiv bleiben.

Das Klinikum Karlsruhe befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Neubau, Wechsel in der Geschäftsführung und vor allem zu wenig Personal. Was braucht das Klinikum?

Trotz großer Herausforderungen: Im Städtischen Klinikum wird tagtäglich wertvolle, engagierte Arbeit für Patientinnen und Patienten geleistet – in Medizin und Pflege. Mit der internen Neubesetzung der medizinischen Geschäftsführung sind die Weichen gestellt, um die Inbetriebnahme des neuen Bettenhauses vorzubereiten und Abläufe effizienter zu gestalten. Auch gilt es, die Attraktivität des Klinikums als Arbeitgeber weiter zu stärken, um Fachkräfte zu binden und zu gewinnen. Schon in der Ausbildung sollten die Grundlagen für eine Identifizierung mit dem künftigen Arbeitsplatz geschaffen werden. Für all das brauchen wir auch die Unterstützung von Stadt und Gemeinderat.

Abfallentsorgung, Sperrmüll, Glascontainer – Reizwörter für viele BürgerInnen in der Stadt. Wo sehen Sie Verbesserungspotential?

Bei allem Verbesserungspotential haben wir eine funktionierende Abfallentsorgung. Seit der Straßensperrmüll nur noch jährlich stattfindet und Sperrmüll auf Abruf möglich ist, hat sich die Situation verbessert. Die Altglas-Sammlung erfolgt durch private Betreiber. Als dort ein Wechsel stattfand, kam es zu Problemen, die aber weitgehend behoben sind. Zu schaffen machen uns gelegentlich noch krankheitsbedingte Unregelmäßigkeiten bei der Tonnenleerung – hier arbeiten wir an Lösungen. Durch sorgfältige Mülltrennung und -vermeidung kann auch die Bevölkerung zu Verbesserungen beitragen.

Das Volksbegehren „Rettet die Bienen und die Artenvielfalt“ war ein großer Erfolg in Bayern. Beim traditionellen Marktfrühschoppen am 18. Mai 2019 wird die Bürgergemeinschaft mit vielerlei Angeboten auf dieses wichtige Thema aufmerksam machen. Was macht Karlsruhe für die Rettung der Bienen?

Insekten- und Vogelsterben gehören zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Das sieht auch die Bevölkerung so. Das Umweltamt arbeitet derzeit an einem Maßnahmenkonzept, um die biologische Vielfalt in Karlsruhe weiter zu fördern. Auch heute wird bei uns schon viel für den Schutz von Tieren, Pflanzen und seltenen Arten getan: Waldsaumpflege, artenreiche Mähwiesen, Pflege von Schutzgebieten wie der Alte Flugplatz oder auch insektenfreundliche Beleuchtung sind nur einige wichtige Stichpunkte.

Im Zeichen der Nachverdichtung wird Klimaschutz heiß diskutiert. Klimaschutz fängt an der eigenen Haustüre an. Was möchten Sie unseren Lesern da mit auf den Weg geben?

Beim Klimaschutz müssen wir enorm an Tempo zulegen. Unser CO2-Ausstoß liegt derzeit bei 8t pro Kopf und Jahr und sollte, um das Paris-Abkommen zu erfüllen, 2050 bei 0,5t liegen. Alle können beitragen, indem z. B. energiesparende Geräte verwendet werden oder effizient geheizt wird. Wer eine Immobilie besitzt, kann auf dem Dach eine Solaranlage installieren und das Gebäude energetisch sanieren. Die Verwaltung muss hier Vorbild sein. Das Klima schützen wir auch, indem wir uns zu Fuß, mit Fahrrad, Bus oder Bahn bewegen anstatt Auto oder Flieger zu nehmen.

Was wir noch gerne wissen möchten: Sie sind in Karlsruhe geboren und haben viele Jahre hier verbracht. Verraten Sie unseren Lesern, was Ihnen an Karlsruhe ganz besonders gefällt?

An Karlsruhe gefällt mir besonders das viele Grün und der umgebende Wald, der bis mitten in die Stadt hineinreicht. Das gilt es zu erhalten und auszubauen. Für mich ist Karlsruhe eine bunte, weltoffene Stadt mit vielen Angeboten – auch die kulturelle Vielfalt ist ein wichtiger Teil davon.

Sie sind politisch sehr engagiert. Weg von Ihrem politischen Engagement, in welche Rolle würden Sie gerne einmal schlüpfen?

Für ein paar Monate würde ich gerne einmal in die Rolle einer Bäuerin im Schwarzwald schlüpfen – ein alter Traum von mir.

In den letzten Wochen wurde in den Medien viel über Sie geschrieben. Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Ich bin authentisch und bleibe recht beharrlich am Ball, wenn es darum geht, wichtige Ziele zu verfolgen. Anstehende Aufgaben löse ich gerne im Team. Dabei ist es mir wichtig, die beteiligten Menschen anzuhören und sie auf dem Weg zur Entscheidung mitzunehmen.

Wenn Sie die Chance hätten, Ihre Karriere nochmals von vorne zu beginnen, was würden Sie anders machen?

Ich bin mit meinem beruflichen Lebensweg im Reinen. Ich habe immer das gemacht, was mich interessiert hat und was für mich in der jeweiligen Situation gepasst hat. So konnte ich vieles ausprobieren und ganz unterschiedliche Erfahrungen sammeln. Davon profitiere ich heute in vielerlei Hinsicht und bin alles in allem sehr zufrieden.

Die Redaktion wünscht Bürgermeisterin Bettina Lisbach gutes Gelingen bei der Bewältigung der vielen komplexen Aufgaben und freut sich auf ein gutes und konstruktives Miteinander mit den Bürgern und der Bürgergemeinschaft Nordweststadt.

Das Interview führte Edeltraud Götze